Strafzettel in der Braunauerstraße

Strafzettel in der Braunauerstraße

Die Braunauerstraße in Ried würde beim bekannten Brettspiel “DKT” in den Jahren 2020 und 2021 wohl eine der teuersten Straßen sein. Die Stadt Ried nahm 2020 insgesamt fast zwei Millionen Euro oder knapp 173 Euro pro Einwohner an Radarstrafen ein. Ein nicht unerheblicher Teil stammte aus Geschwindigkeitsübertretungen in der Braunauerstraße.

Nicht wenige Personen (ok – auch der Autor dieser Zeilen) brachten die Überraschung über die neue Geschwindigkeitsbeschränkung mit einer Strafzahlung zum Ausdruck.

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat nunmehr die Verordnung der Geschwindigkeitsbeschränkungin der Braunauerstraße aufgehoben.Gibt es die Strafe zurück?

Die Verordnung

Der Gemeinderat der Stadtgemeinde Ried i.I. erließ am 09.07.2020 folgende Verordnung:

“… wird im Stadtgebiet von Ried im Innkreis im Bereich der Braunauer Straße , vom Kreisverkehr St. Anna bis zum Kreisverkehr Weberzeile eine Tempo-30-Zone festgelegt.”

Rechtswidrigkeiten der Verordnung

In Folge von Einsprüchen hatte das Landesverwaltungsgericht die Verordnung anzuwenden. Diese dürfte aber bei den Richtern für einiges an Kopfschütteln gesorgt haben. Sie riefen den VfGH an, …

  • … weil für die Geschwindigkeitsbeschränkung die Erforderlichkeit zu prüfen ist. Das wurde nicht gemacht.
  • … weil nicht klar ist, wo die Verordnung anfängt und aufhört. Gehören die Kreisverkehre dazu (die Schilder wurden bei den Ausfahrten aufgestellt)? Gilt die Verordnung nur von St. Anna in Richtung Weberzeile oder in beide Richtungen?
  • … weil der Geltungsberich laut Verordnung daher nicht mit den Verkehrsschildern zusammenpasst. An der Einmündung aus der Querstraße St. Anna und aus Kalteneck kommend fehlen die Verkehrszeichen zur Gänze.
  • … schließlich weil zwei Verkehrszeichen in Höhe von 2,70 Meter angebracht waren, ohne dass begründet wurde, warum dies notwendig ist.

Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof

Erkenntnis VfGH (Auszug)

Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 28.02.2023 wurde die Verordnung als gesetzwidrig aufgehoben. Er hat zur unverzüglichen Kundmachung verpflichtet.

Der VfGH hat erkannt, dass die Prüfung ob die Geschwindigkeitsbeschränkung notwendig ist, nicht erfolgte. Damit war die Verordnung aufzuheben. Auf die anderen Gründe brauchte er nicht mehr einzugehen.

Bekomme ich meine Strafe zurück?

Die Antwort ist kurz und einfach: Nein. Außer die Strafe ist noch nicht rechtskräftig.

Gesetze und Verordnungen gelten nämlich so lange bis sie von VfGH aufgehoben werden. Dies gilt auch für Verordnungen, die gesetzwidrig sind. Juristen nennen das “Fehlerkalkül“.

Nicht gestraft werden die Personen, deren Fall vom VfGH verhandelt wurde. Auch wenn die Verordnung zum Zeitpunkt ihrer Geschwindigskeitsüberschreitung in Kraft war, profitieren sie von der “Ergreiferprämie“. Da die Verordnung mit sofortiger Wirkung aufgehoben wurde, ist deren Wegfall in anhängigen Verfahren zu berücksichtigen.