Keine Privatinsolvenz bis Juli 2021?
Schuldbefreiung
Das Ziel der Privatinsolvenz, also des Insolvenzverfahrens einer Person, die kein Unternehmen betreibt, ist die Schuldbefreiung. Am Ende des Verfahrens sollen die Schulden getilgt sein.
Um die sogenannte „Restschuldbefreiung“ zu erreichen, stellt das Gesetz zwei Mittel zur Verfügung. Der Schuldner unterbreitete seinen Gläubigern einen Zahlungsplan; wird dieser nicht angenommen kann er das Abschöpfungsverfahren durchlaufen.
Zahlungsplan
Im Zahlungsplan bietet man den Gläubigern einen Schuldenschnitt in Form einer Quote an. Das Gesetz schreibt vor, dass der Gläubiger eine Quote anbieten muss, „die seiner Einkommenslage in den kommenden fünf Jahren entspricht“.
Was heißt das praktisch? Man berechnet das pfändbare monatliche Einkommen. Bei einer unverheirateten kinderlosen Person, die 1.500 Euro netto im Monat verdient, ist ein Betrag von 350 Euro im Monat pfändbar. Bei 14 Monatsgehältern errechnet sich jährlich ein Betrag von 4.900 Euro oder auf fünf Jahre 24.500 Euro.
Dieser Betrag wird den Gläubigern in Form einer Quote angeboten. Das Gericht oder ein Insolvenzverwalter sammeln die Forderungen der Gläubiger. Haben die Gläubiger insgesamt 100.000 Euro geltend gemacht, so ergibt sich bei 24.500 Euro pfändbares Einkommen der kommenden fünf Jahre eine Quote von 24,5 %.
Der Vorschlag würde daher lauten:
Die Gläubiger erhalten eine Quote von 24,5 % ihrer Forderungen, zahlbar innerhalb von 5 Jahren in gleich großen Raten, beginnend 12 Monate nach rechtskräftiger Bestätigung des Zahlungsplanes.
Dem Zahlungsplan müssen die Gläubiger zustimmen. Es müssen also in der Tagsatzung die anwesenden Gläubiger mehrheitlich dafür stimmen. Ansonsten wurde der Zahlungsplan nicht angenommen.
Die Annahme des Zahlungsplanes hat den großen Vorteil, dass auch bei Gehaltserhöhungen, Überstunden oder sonstigen Mehreinnahmen immer nur die vereinbarte Quote bezahlt werden muss.
Abschöpfungsverfahren
Wird der Zahlungsplan nicht angenommen, kann die Einleitung des Abschöpfungsverfahren beantragt werden. Die Gläubiger müssen hier nicht zustimmen. Das Gericht bestellt einen Verwalter, bei dem das pfändbare Einkommen der nächsten fünf Jahre eingeht. Der Schuldner wird also für fünf Jahre auf das Existenzminimum gepfändet. Nach Ablauf der fünf Jahre wird die Restschuldbefreiung erteilt, obwohl nicht die ganze Forderung zurückbezahlt worden ist.
Der Nachteil des Abschöpfungsverfahrens ist, dass auch Mehreinnahmen wie Gehaltserhöhungen oder Überstunden im Wesentlichen an die Gläubiger geht. Der Vorteil des Abschöpfungsverfahrens ist, dass die Gläubiger nicht zustimmen müssen.
Es kann sich also jeder auch gegen den Willen der Gläubiger in fünf Jahren entschulden.
Gesetzesentwurf
Die Bundesregierung hat ein Gesetz zur Änderung der Insolvenzordnung vorgeschlagen. Dieser sieht erhebliche Erleichterungen zur Entschuldung vor.
Beim Zahlungsplan ist anstelle von fünf Jahren nur noch das Einkommen der kommenden zwei Jahre anzubieten. Anstelle der 24.500 Euro aus dem obligen Beispielt müsste der Schuldner nur noch 9.800 Euro anbieten. Die Gläubiger müssen den Zahlungsplan zustimmen, was bei einem Angebot von zwei Jahren oftmals nicht der Fall sein wird.
Denn auch die Frist für das Abschöpfungsverfahren wurde verkürzt. Hat der Gerichtsvollzieher nicht vor mehr als einem Monat die Zahlungsunfähigkeit festgestellt, so dauert das Abschöpfungsverfahren nur noch drei Jahre. Also müsste der Schuldner aus dem Bespiel mit 14.700 Euro zur Restschuldbefreiung rechnen. Da die Regelung für den Gerichtsvollzieher erst in Kraft treten wird, hat er auch noch bei keiner Person die Zahlungsunfähigkeit festgestellt.
Sobald das neue Gesetz in Kraft tritt, wird die Entschuldung auch gegen den Willen der Gläubiger in drei Jahren möglich.
Wann tritt das Gesetz in Kraft?
Die kürzeren Fristen gelten für Zahlungspläne und Abschöpfungsverfahren, die nach dem 16. Juli 2021 beantragt werden. Stellt man also den Antrag nach diesem Datum, muss man zwei Jahre kürzer als bisher am Existenzminimum leben um seine Schulden abzubauen.
Schuldner sind also gut beraten, die Anträge im Insolvenzverfahren erst nach diesem Tag zu stellen.